
Heilmittel-Richtlinie – Auf einen Blick
- Was regelt die Heilmittel-Richtlinie? Sie legt fest, welche Heilmittel in welchem Umfang und bei welchen Indikationen verordnet werden dürfen – verbindlich für Ärzte, Heilmittelerbringer, Krankenkassen und Versicherte.
- Wer beschließt die Heilmittel-Richtlinie? Die Heilmittel-Richtlinie wird vom gemeinsamen Bundesausschuss erstellt und aktualisiert.
- Welche Heilmittelbereiche umfasst sie? Physiotherapie, Ergotherapie, Logopädie (Stimm-, Sprech-, Sprach- und Schlucktherapie), Podologie und Ernährungstherapie.
- Wie ist die Richtlinie aufgebaut? Sie besteht aus zwei Teilen: Teil 1 mit Grundsätzen und Maßnahmen, Teil 2 mit dem Heilmittelkatalog inklusive Diagnosegruppen, Leitsymptomatiken und Verordnungsmengen.
- Welche Rolle spielt die Digitalisierung? Über die Telematikinfrastruktur (TI) können elektronische Verordnungen (eVerordnungen) erstellt werden, was Abläufe vereinfacht und Fehlerquellen reduziert.
Definition: Was ist die Heilmittel-Richtlinie?
Die Heilmittel-Richtlinie ist die zentrale Rechtsgrundlage für die Verordnung von Heilmitteln in Deutschland. Sie regelt, welche Heilmittel bei welchen Indikationen in welchem Umfang verordnet werden dürfen, und schafft damit Klarheit für Ärzte, Therapeuten, Krankenkassen und Patienten.
Grundlage ist § 92 SGB V, beschlossen vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA), dem höchsten Beschlussgremium der gemeinsamen Selbstverwaltung im Gesundheitswesen. Sie schafft damit einen verbindlichen Rahmen für Vertragsärzte, Vertragszahnärzte und Krankenkassen, der sowohl für die Versicherten als auch für die Heilmittelerbringer maßgeblich ist.
Seit 2004 erfolgt die Heilmittelverordnung nicht mehr nach einzelnen Diagnosen, sondern nach Diagnosegruppen, die typische Krankheitsbilder abbilden. Über den Heilmittelkatalog sind diesen Gruppen passende Leitsymptomatiken, Therapien und Verordnungsmengen zugeordnet. Damit wird die Verordnung für Ärzte und Heilmittelerbringer systematischer und praxisnäher.
Mit der Telematikinfrastruktur erhält die Heilmittel-Richtlinie eine zusätzliche Bedeutung im digitalen Alltag: Durch die elektronische Verordnung können Heilmittel heute sicherer und effizienter dokumentiert, ausgestellt und mit Krankenkassen abgestimmt werden. Das reduziert Bürokratie, verhindert Fehler und erleichtert die Arbeit aller Beteiligten.
Was sind Heilmittel?
Heilmittel sind von Arznei- und Verbandmitteln (§ 31 SGB V) sowie von Hilfsmitteln (§ 33 SGB V) zu unterscheiden. Sie gehören zu den Sachleistungen der gesetzlichen Krankenversicherung (§ 32 SGB V) und umfassen Therapien wie Physiotherapie, Ergotherapie, Logopädie, Podologie oder Ernährungstherapie. Ziel ist eine medizinisch notwendige, wirtschaftliche und einheitliche Versorgung.
Die Inhalte der Heilmittel-Richtlinie
Die Heilmittel-Richtlinie besteht aus zwei Teilen: Teil 1 mit Grundsätzen und Maßnahmen sowie Teil 2 mit dem Heilmittelkatalog. Gemeinsam bilden sie den verbindlichen Rahmen für die Verordnung und Durchführung von Heilmitteln in Deutschland.
Teil 1: Grundsätze und Maßnahmen
Im ersten Teil der Heilmittel-Richtlinie sind die allgemeinen Verordnungsgrundlagen festgelegt. Dazu gehören:
- Voraussetzungen für die Verordnung,
- Hinweise zum Verordnungsvordruck,
- Vorgaben zur Zusammenarbeit zwischen Ärzten und Heilmittelerbringern
- sowie die Abgrenzung zu den Regelungen im Heilmittelkatalog.
Darüber hinaus werden die Heilmittelbereiche konkretisiert: Physiotherapie, podologische Therapie, Stimm-, Sprech- und Sprachtherapie, Ergotherapie und seit 2018 auch Ernährungstherapie.
Mit der Reform von 2021 wurde das Verfahren deutlich vereinfacht:
- Die Unterscheidung zwischen Verordnungen im und außerhalb des Regelfalls entfiel, ebenso das damit verbundene Genehmigungsverfahren.
- Neu eingeführt wurden die orientierende Behandlungsmenge sowie die Möglichkeit der Blankoverordnung, bei der Heilmittelerbringer mehr Entscheidungsfreiheit über die konkrete Therapiegestaltung haben.
- Außerdem ergänzt eine Anlage die Anforderungen für Änderungen von Heilmittelverordnungen, um mehr Flexibilität im Praxisalltag zu schaffen.
Teil 2: Der Heilmittelkatalog
Der zweite Teil der Heilmittel-Richtlinie ist der eigentliche Heilmittelkatalog. Er wird regelmäßig aktualisiert und orientiert sich am allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse.
Der Heilmittelkatalog fasst Einzeldiagnosen zu Diagnosegruppen zusammen und ordnet ihnen folgende Punkte zu:
- Leitsymptomatiken (funktionelle oder strukturelle Schädigungen)
- die verordnungsfähigen Heilmittel
- die maximalen Verordnungsmengen im Regelfall
- Empfehlungen zur Therapiefrequenz
HeilM-RL: Richtlinie über die Verordnung von Heilmitteln in der vertragsärztlichen Versorgung
Die HeilM-RL (Richtlinie über die Verordnung von Heilmitteln in der vertragsärztlichen Versorgung) legt verbindlich fest, wie Heilmittel von Vertragsärzten verordnet werden dürfen. Sie gilt zudem für Krankenhäuser im Rahmen des Entlassmanagements.
Kernpunkte der HeilM-RL sind:
- Voraussetzungen und Grundsätze für die Verordnung von Heilmitteln,
- die Zusammenarbeit zwischen Ärzten und Heilmittelerbringern,
- der Heilmittelkatalog mit verordnungsfähigen Maßnahmen,
- die Diagnoseliste zum langfristigen Heilmittelbedarf
- sowie eine Übersicht der nicht verordnungsfähigen Heilmittel, die der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) geprüft hat.
Damit bietet die HeilM-RL eine klare Grundlage für eine einheitliche, wirtschaftliche und patientenorientierte Versorgung.
HeilM-RL ZÄ: Richtlinie über die Verordnung von Heilmitteln in der vertragszahnärztlichen Versorgung
Die HeilM-RL ZÄ regelt, unter welchen Voraussetzungen Vertragszahnärzte Heilmittel verordnen dürfen. Sie legt die Grundsätze, Inhalte und Abläufe der Verordnung fest und beschreibt die Zusammenarbeit mit den ausführenden Therapeuten.
Ein zentraler Bestandteil ist der Heilmittelkatalog für Zahnärzte, der die verordnungsfähigen Maßnahmen klar definiert. Damit wird gewährleistet, dass Patienten mit Beschwerden im Bereich des Kiefers, der Sprache oder der Muskulatur gezielt behandelt werden können.
Verordnungen von Heilmitteln innerhalb und außerhalb des Regelfalls
Mit der Reform der Heilmittel-Richtlinie zum 1. Januar 2021 wurde die bisherige Unterscheidung zwischen Verordnungen innerhalb und außerhalb des Regelfalls abgeschafft. Damit entfällt auch das aufwendige Genehmigungsverfahren bei Verordnungen, die über den Regelfall hinausgingen.
Früher galt: Der Regelfall beschrieb die typische Behandlungssituation, bei der die im Heilmittelkatalog vorgegebenen Maßnahmen und Gesamtverordnungsmengen ausreichten, um ein Therapieziel zu erreichen. Reichte diese Menge nicht aus, konnte der Arzt eine Verordnung außerhalb des Regelfalls ausstellen – allerdings nur mit ausführlicher Begründung und in der Regel nach Genehmigung durch die Krankenkasse.
Heute ist das Verfahren deutlich vereinfacht:
- Statt der alten Regelung gelten nun Verordnungsfälle mit orientierender Behandlungsmenge.
- Ärzte können mehrere Maßnahmen kombinieren und so individuell an die Bedürfnisse des Patienten anpassen.
- Die Höchstmengen je Verordnung sind weiterhin im Heilmittelkatalog geregelt, bieten aber mehr Flexibilität in der Praxis.
Durch die Telematikinfrastruktur werden diese Prozesse zusätzlich unterstützt: Über die elektronische Verordnung lassen sich Behandlungsmengen transparent dokumentieren, digitale Prüfmechanismen reduzieren Fehler, und Rückfragen seitens der Krankenkassen können schneller geklärt werden. Für Heilmittelerbringer bedeutet das weniger Verwaltungsaufwand und mehr Planungssicherheit.
Häufige Fragen und Antworten
Was ist die Heilmittel-Richtlinie?
Die Heilmittel-Richtlinie regelt in Deutschland, welche Heilmittel bei welchen Indikationen verordnet werden dürfen, in welchem Umfang und unter welchen Voraussetzungen. Sie ist verbindlich für Vertragsärzte, Vertragszahnärzte, Krankenkassen und Heilmittelerbringer und schafft damit eine einheitliche Grundlage für die Versorgung.
Wann bekommt man ein Dauerrezept für Physiotherapie?
Ein sogenanntes Dauerrezept gibt es in dieser Form nicht. Allerdings kann bei bestimmten chronischen Erkrankungen oder langfristigem Behandlungsbedarf eine Langfristgenehmigung erfolgen. Grundlage ist die Anlage 2 der Heilmittel-Richtlinie. Hier aufgeführte Diagnosen erlauben eine wiederkehrende Verordnung ohne erneutes Genehmigungsverfahren. Auch vergleichbare Diagnosen können nach Antragstellung berücksichtigt werden.
Was ist die Heilmittel-Richtlinie PLUS?
Die Heilmittel-Richtlinie PLUS ist das Standardwerk für die Ergotherapie und dient als zentrales Nachschlagewerk und Regelwerk in Praxis und Klinik. Sie umfasst die aktuelle Heilmittel-Richtlinie sowie den Heilmittelkatalog, die der Gemeinsame Bundesausschuss in der Fassung vom April 2023 beschlossen hat. Ziel dieser Reform war es, das Verordnungsverfahren zu vereinfachen und Leistungserbringer im Alltag spürbar zu entlasten.
Wie lange ist eine Heilmittelverordnung gültig?
Eine Heilmittelverordnung muss spätestens 28 Tage nach Ausstellung begonnen werden, sonst verliert sie ihre Gültigkeit. Bei Verordnungen im Rahmen des Entlassmanagements gilt eine verkürzte Frist von 7 Tagen. Über die eVerordnung können diese Fristen automatisiert überprüft und dokumentiert werden, was Ärzten und Heilmittelerbringern zusätzliche Sicherheit gibt.