Digitalisierung in der Physiotherapie: Chancen, TI-Anbindung & praktische Umsetzung

Digitalisierung in der Physiotherapie: Chancen, TI-Anbindung & praktische Umsetzung
Digitalisierung in der Physiotherapie: Chancen, TI-Anbindung & praktische Umsetzung

Digitalisierung Physiotherapie – Auf einen Blick

  • Was bedeutet Digitalisierung in der Physiotherapie? Die Digitalisierung umfasst die Umstellung analoger Praxisabläufe auf digitale Prozesse, von der Terminplanung über die Dokumentation bis hin zur Kommunikation mit Ärzten und Patienten. Ziel ist es, den Praxisalltag effizienter zu gestalten, Fehler zu reduzieren und gleichzeitig die Behandlungsqualität zu steigern.
  • Wann wird die Telematikinfrastruktur (TI) Pflicht für Physiotherapeutinnen und Physiotherapeuten? Die gesetzliche Verpflichtung zur TI-Anbindung für Physiotherapiepraxen gilt voraussichtlich ab Oktober 2027. Mit der TI können Praxen medizinische Informationen sicher austauschen, beispielsweise über KiM oder künftig die elektronische Heilmittelverordnung (eVerordnung).
  • Welche Investitionen werden gefördert? Der Gesetzgeber unterstützt die digitale Ausstattung durch monatliche Pauschalen für die TI-Anbindung sowie jährliche Zuschüsse für Hardware und Software zur Videotherapie. So sollen Praxen finanziell entlastet und der digitale Wandel aktiv gefördert werden.
  • Welche Vorteile bringt die Digitalisierung für den Praxisalltag? Digitale Anwendungen sparen Zeit, verbessern die Dokumentation und erhöhen die Patientenzufriedenheit. Gleichzeitig fördern sie eine bessere Zusammenarbeit mit Ärzten und Kostenträgern – für eine Physiotherapie, die moderner, sicherer und zukunftsfähiger ist.

Was bedeutet die Digitalisierung in der Physiotherapie?

Die Digitalisierung in der Physiotherapie steht für die Umstellung analoger Prozesse auf digitale Lösungen. Ziel ist es, Abläufe durch Entbürokratisierung effizienter zu gestalten, Zeit zu sparen und gleichzeitig die Patientenversorgung zu verbessern.

Konkret heißt das: Terminlisten werden durch Online-Buchungssysteme ersetzt, Papierakten durch digitale Patientenakten und Terminerinnerungen laufen automatisiert ab. Auch Therapiepläne lassen sich digital erstellen und mit den Patienten teilen.

Durch den Einsatz digitaler Systeme gewinnen Physiotherapiepraxen wertvolle Zeit für die eigentliche therapeutische Arbeit. Darüber hinaus schafft die Digitalisierung die Grundlage für eine sichere, vernetzte Kommunikation im Gesundheitswesen – insbesondere im Hinblick auf die verpflichtende Anbindung an die Telematikinfrastruktur ab voraussichtlich Oktober 2027.

Bereiche der Digitalisierung in einer Physiotherapiepraxis

Die Digitalisierung verändert nahezu alle Bereiche einer modernen Physiotherapiepraxis, von der Organisation über die Dokumentation bis hin zur Kommunikation mit Patienten.

Ein zentraler Baustein ist die digitale Praxisverwaltung. Dazu zählen Online-Terminbuchungssysteme, elektronische Patientenaufnahme und automatisierte Abrechnungsprozesse. Diese Anwendungen reduzieren den administrativen Aufwand erheblich und sorgen für reibungslose Abläufe im Praxisalltag.

Auch die Behandlungsdokumentation profitiert von digitalen Lösungen: Statt handschriftlicher Notizen können Befunde, Therapiepläne und Verlaufsberichte direkt in einer Praxissoftware erfasst und archiviert werden. Das spart Zeit, schafft Übersicht und erleichtert die Nachvollziehbarkeit von Behandlungsschritten.

Darüber hinaus verbessert die Digitalisierung die Patientenkommunikation. Terminerinnerungen per SMS oder E-Mail, sichere digitale Übermittlung von Befunden und individuell erstellte Übungspläne erhöhen den Komfort für Patienten und entlasten gleichzeitig das Praxisteam.

Telematikinfrastruktur (TI) und die Pflicht zur Anbindung

Die Telematikinfrastruktur (TI) bildet das digitale Rückgrat des deutschen Gesundheitswesens. Sie vernetzt Ärzte, Heilmittelerbringer, Apotheken, Krankenhäuser und Krankenkassen miteinander – mit dem Ziel, medizinische Informationen sicher und effizient auszutauschen. Für Physiotherapeuten bedeutet die Anbindung an die TI einen wichtigen Schritt in Richtung digital vernetzter Versorgung.

Ab Oktober 2027 (voraussichtlich laut aktuellem Stand) ist die TI-Anbindung für alle Heilmittelerbringer gesetzlich verpflichtend. Damit soll die digitale Kommunikation im Gesundheitswesen flächendeckend ermöglicht werden, z.B. über KiM (Kommunikation im Medizinwesen) für den sicheren Austausch von Berichten und Befunden oder künftig über den TI-Messenger (TIM) für verschlüsselte Kurznachrichten.

Die TI-Begriffe & digitale Gesundheitsanwendungen (DiGa) im Überblick – e-Rezept und Co.

Im Zusammenhang mit der Telematikinfrastruktur (TI) begegnen Physiotherapeuten eine Vielzahl von Begriffen und Abkürzungen. Viele dieser Anwendungen werden in den kommenden Jahren schrittweise eingeführt und sind entscheidend für die sichere, digitale Kommunikation im Gesundheitswesen.

Nachstehend ein Überblick über die wichtigsten TI-Begriffe:

  • KIM (Kommunikation im Medizinwesen): KiM ermöglicht den sicheren und verschlüsselten Austausch medizinischer Dokumente, beispielsweise von Therapieberichten, Verordnungen oder Befunden. Jede Praxis erhält dafür eine eigene zertifizierte KiM-Adresse.
  • TIM (TI-Messenger): Der TI-Messenger funktioniert ähnlich wie bekannte Chat-Apps, ist jedoch datenschutzkonform und speziell für das Gesundheitswesen entwickelt. Er erlaubt den sicheren Austausch von Kurznachrichten zwischen Physiotherapeuten, Ärzten und zukünftig auch Patienten.
  • VSDM (Versichertenstammdatenmanagement): Über das VSDM werden die Stammdaten der Patienten automatisch aktualisiert, sobald deren elektronische Gesundheitskarte eingelesen wird.
  • ePA (elektronische Patientenakte): In der ePA werden medizinische Informationen wie Befunde, Arztbriefe und Röntgenbilder zentral und sicher gespeichert. Langfristig sollen auch Physiotherapeuten Zugriff auf die ePA erhalten, um Behandlungsverläufe besser nachverfolgen zu können.
  • eRezept: Mit dem eRezept werden ärztliche Verordnungen digital übermittelt, entweder über eine App, die elektronische Gesundheitskarte oder einen QR-Code-Ausdruck. Für Heilmittelpraxen ist dieses Prinzip wichtig, da es die Grundlage für die zukünftige elektronische Heilmittelverordnung bildet.
  • eVO (elektronische Heilmittelverordnung): Die eVerordnung soll ab 2027 eingeführt werden. Sie ersetzt die klassische Papierverordnung und ermöglicht es, Heilmittel digital zu beantragen, zu prüfen und abzurechnen.
  • NFDM (Notfalldatenmanagement): Notfalldaten wie Allergien oder implantierte Geräte können über die elektronische Gesundheitskarte abgerufen werden, um in akuten Situationen schnell reagieren zu können.
  • eMP (elektronischer Medikationsplan): Der eMP bietet einen vollständigen Überblick über die aktuelle Medikation eines Patienten. So können Wechselwirkungen oder Doppelverordnungen vermieden werden.

Elektronischer Heilberufeausweis (eHBA) und Institutionskarte (SMC-B) für Physiotherapeuten

Mit der Anbindung an die Telematikinfrastruktur (TI) benötigen Physiotherapeuten zwei zentrale Komponenten: den elektronischen Heilberufsausweis (eHBA) und die Institutionskarte (SMC-B). Beide Karten sind unverzichtbar, um sicher und eindeutig innerhalb der TI arbeiten zu können.

Der eHBA ist ein personengebundener digitaler Ausweis und dient als Identitätsnachweis für einzelne Physiotherapeuten. Er wird als Chipkarte ausgegeben und ermöglicht es, vertrauliche Daten sicher zu verschlüsseln sowie Dokumente rechtsverbindlich zu signieren.

Die Institutionskarte (SMC-B) hingegen ist praxisbezogen und fungiert als digitaler Zugangsschlüssel zur Telematikinfrastruktur. Sie weist die Einrichtung gegenüber dem TI-Netzwerk aus und ist erforderlich, damit die Praxis überhaupt auf die TI zugreifen kann. Erst nach Ausstellung des eHBA kann auch die SMC-B über das eGBR beantragt werden.

Beide Karten sind elementare Bestandteile der digitalen Identität einer Physiotherapiepraxis. Sie gewährleisten, dass Datenübertragungen innerhalb der TI eindeutig zugeordnet, verschlüsselt und vor unbefugtem Zugriff geschützt sind – eine wesentliche Voraussetzung für Datenschutz, Sicherheit und vertrauensvolle Kommunikation im Gesundheitswesen.

Videotherapie – Telemedizinische Leistungen in der Physiotherapie

Die Videotherapie ist eine moderne, telemedizinische Behandlungsform, die es Physiotherapeuten ermöglicht, bestimmte Leistungen ortsunabhängig über eine gesicherte Videoverbindung durchzuführen. Sie ist seit 2022 fest im Landesrahmenvertrag (§ 7a und Anlage 8) sowie in der Heilmittel-Richtlinie (§ 16 b) verankert und stellt damit eine anerkannte Ergänzung zur klassischen Präsenztherapie dar.

Die Durchführung einer Videotherapie setzt voraus, dass sowohl der Therapeut als auch der Patient einwilligen. Eine gesonderte Zustimmung durch den behandelnden Arzt ist nicht erforderlich, lediglich der Hinweis „nicht als Videotherapie zulässig“ auf der Verordnung würde eine digitale Durchführung ausschließen.

Nicht jede physiotherapeutische Maßnahme eignet sich für die Videotherapie, doch viele Anwendungen, z.B. Übungen zur Bewegungsförderung oder Beratungsgespräche, lassen sich problemlos digital umsetzen. Wichtig ist, dass die erste Behandlung eines Verordnungsfalls immer in Präsenz erfolgt und mindestens die Hälfte der verordneten Einheiten vor Ort durchgeführt wird.

Übernahme von Kosten für die TI und telemedizinische Leistungen

Die Digitalisierung in der Physiotherapie ist mit Investitionen in Technik und Infrastruktur verbunden, doch die gute Nachricht ist: Die Kosten werden refinanziert. Der Gesetzgeber hat festgelegt, dass Physiotherapiepraxen sowohl für die Anbindung an die Telematikinfrastruktur (TI) als auch für die Erbringung telemedizinischer Leistungen finanzielle Unterstützung erhalten.

Grundlage hierfür ist eine Finanzierungsvereinbarung zwischen den vier maßgeblichen Physiotherapieverbänden und dem GKV-Spitzenverband, die die Modalitäten der Kostenerstattung regelt.

Kostenerstattung für die Anbindung an die Telematikinfrastruktur

Ab dem 1. Januar 2025 erhalten Physiotherapiepraxen eine monatliche Grundpauschale von 207,93 Euro zur Refinanzierung der TI-Ausstattung und des laufenden Betriebs. Diese Pauschale wird über einen Zeitraum von fünf Jahren quartalsweise ausgezahlt. Zusätzlich gibt es einen monatlichen Zuschlag von 7,48 Euro für jede Mitarbeiterin und jeden Mitarbeiter, die bzw. der über einen elektronischen Heilberufsausweis (eHBA) verfügt.

Voraussetzung für die Auszahlung ist eine vollständige und funktionsfähige TI-Ausstattung. Der Nachweis erfolgt über die Eigenerklärung der Praxisinhaber gemäß Anlage 1 der Finanzierungsvereinbarung.

Tipp: Weiterführende Informationen dazu finden Sie in unserem Artikel zur TI-Pauschale.

Kostenerstattung für telemedizinische Leistungen

Auch für den Einstieg in die Videotherapie gibt es finanzielle Unterstützung. Physiotherapiepraxen können jährlich 950 Euro für die Anschaffung von Hardware (z.B. Laptop, Tablet oder Kamera) sowie 300 Euro für Software (z.B. zertifizierte Videoplattformen) erhalten. Voraussetzung ist, dass im entsprechenden Jahr tatsächlich telemedizinische Leistungen abgerechnet wurden.

Vorteile der Digitalisierung in der Physiotherapie

Die fortschreitende Digitalisierung eröffnet Physiotherapiepraxen zahlreiche Chancen, den Praxisalltag effizienter, sicherer und patientenorientierter zu gestalten. Moderne Softwarelösungen, digitale Kommunikationswege und telemedizinische Anwendungen erleichtern nicht nur die Organisation, sondern verbessern auch die Qualität der therapeutischen Arbeit.

Die Vorteile für Physiotherapeuten und Heilmittelerbringer im Überblick

  • Bürokratie reduzieren und Prozesse automatisieren: Digitale Systeme übernehmen viele Verwaltungsaufgaben und schaffen so mehr Zeit für die eigentliche Patientenbetreuung.
  • Verbesserte Dokumentation und Nachvollziehbarkeit: Therapieverläufe werden dank standardisierter Vorlagen und digitaler Tools klar strukturiert und jederzeit nachvollziehbar festgehalten.
  • Personalisierte Therapie und Patienteneinbindung: Individuelle Übungspläne und digitale Fortschrittsdokumentationen stärken die Eigenverantwortung der Patienten und machen Therapien flexibler.
  • Effiziente Kommunikation im Team und mit Patientinnen und Patienten: Moderne Kommunikationslösungen vereinfachen den Informationsaustausch und erhöhen die Verlässlichkeit im Praxisalltag.
  • Mehr Sicherheit und Qualität durch digitale Standards: Durch digitale Standards und die Anbindung an die TI wird der Datenaustausch sicherer und die Behandlungsqualität nachhaltig verbessert.

Häufige Fragen und Antworten

Wann kommt die Digitalisierung in der Physiotherapie?

Die Digitalisierung ist bereits im Gange und viele Praxen nutzen heute schon digitale Terminplanung, Dokumentation oder Videotherapie. Einen verbindlichen Schub erhält sie jedoch ab voraussichtlich Oktober 2027, wenn die Anbindung an die Telematikinfrastruktur (TI) für alle Heilmittelerbringer gesetzlich verpflichtend wird.

Was ist digitale Physiotherapie?

Digitale Physiotherapie beschreibt den Einsatz moderner Technologien zur Unterstützung therapeutischer Prozesse. Dazu gehören unter anderem Videotherapie-Sitzungen, digitale Übungsprogramme, elektronische Patientenakten, automatisierte Dokumentation und sichere Kommunikation über die TI. Ziel ist es, Abläufe effizienter zu gestalten, Patienten besser einzubinden und die Qualität der Behandlung zu erhöhen.