
SIS Pflege – Auf einen Blick
- Funktion der SIS: Die strukturierte Informationssammlung (SIS) in der Pflege dient dazu, individuelle Bedürfnisse, Ressourcen und Lebensumstände systematisch zu erfassen und als Basis für die Pflegeplanung zu nutzen.
- Bedeutung für Pflegeeinrichtungen: Die SIS wird in jeder Pflegeeinrichtung bei Aufnahme neuer Bewohner sowie bei wesentlichen Veränderungen im Gesundheitszustand oder der Lebenssituation erstellt oder aktualisiert.
- Aufbau der SIS: Die Pflegedokumentation gliedert sich in vier Felder und kombiniert die Selbsteinschätzung der pflegebedürftigen Person mit der fachlichen Einschätzung der Pflegekraft sowie einer strukturierten Risikoanalyse.
- Grundprinzipien des Strukturmodells: Die SIS Pflege folgt fünf Leitprinzipien zur Sicherung einer nachvollziehbaren und praxisnahen Pflege. Diese gliedern sich in Ganzheitlichkeit, Individualität, Ressourcenorientierung, Transparenz und Kontinuität.
- Themenfelder der SIS: Die sechs Themenfelder der strukturierten Informationssammlung decken alle relevanten Bereiche ab – von körperlicher und psychischer Gesundheit über soziale Beziehungen bis hin zu Alltagsaktivitäten und der Lebenssituation.
Was ist die SIS Pflegedokumentation?
Die strukturierte Informationssammlung (SIS) ist ein zentrales Element moderner Pflegedokumentation. Sie dient dazu, die individuelle Lebenssituation, Bedürfnisse und Ressourcen einer pflegebedürftigen Person systematisch zu erfassen und für die Maßnahmenplanung im Pflegeprozess nutzbar zu machen. Dabei werden sowohl die Selbsteinschätzung der Betroffenen als auch die fachliche Einschätzung der Pflegekräfte berücksichtigt.
Im Unterschied zu klassischen Dokumentationssystemen legt die SIS den Fokus auf das Wesentliche: Statt kleinteiliger Checklisten und Bürokratie steht die individuelle Sichtweise im Vordergrund. Die Dokumentation kann heute vielfach digital erfolgen, beispielsweise über spezialisierte Pflegesoftware, die die Arbeit zusätzlich erleichtert. Dabei spielt auch die Anbindung an die Telematikinfrastruktur zunehmend eine Rolle für Pflegeeinrichtungen.
Die SIS kommt in der stationären Pflege, der ambulanten Pflege sowie in der Tages- und Kurzzeitpflege zum Einsatz und unterstützt Pflegepersonal dabei, nachvollziehbare, personenzentrierte Pflegeprozesse zu gestalten.
Das Pflegekonzept wurde in Deutschland auf Initiative des Bundesministeriums für Gesundheit eingeführt, um die Umsetzung des Pflegeprozesses in Pflegeeinrichtungen im Zuge des SGB XI zu erleichtern.
Ziel der strukturierten Informationssammlung (SIS)
Das Hauptziel der Einführung der strukturierten Informationssammlung (SIS) ist es, die Pflegeplanung konsequent an die individuellen Bedürfnisse der Pflegebedürftigen anzupassen. Statt einzelne Symptome isoliert zu erfassen, ermöglicht das Modell eine ganzheitliche Betrachtung der gesamten Lebenssituation.
Kern des Ansatzes ist die Verbindung von Selbsteinschätzung der pflegebedürftigen Person und fachlicher Einschätzung der Pflegekräfte. Dadurch entsteht ein umfassendes Bild, das nicht nur gesundheitliche Aspekte berücksichtigt, sondern auch persönliche Wünsche, Ressourcen und Herausforderungen.
Der Aufbau der SIS Pflege
Die strukturierte Informationssammlung (SIS) folgt einem klar gegliederten Aufbau, der den Pflegeprozess nachvollziehbar und transparent dokumentiert. Ausgangspunkt ist ein Gespräch zwischen Pflegekraft und pflegebedürftiger Person, das systematisch in schriftlicher Form festgehalten wird. Dabei orientiert sich die Musterdokumentation an vier zentralen Feldern:
- Feld A: Hier werden die wichtigsten Stammdaten erfasst, etwa Name, Geburtsdatum sowie das Datum und die Art des Gesprächs (Erst- oder Folgegespräch).
- Feld B: In diesem Abschnitt dokumentiert die Pflegekraft die Selbsteinschätzung der pflegebedürftigen Person. Die Aussagen sollten möglichst im Originalwortlaut oder sinngemäß wiedergegeben werden. Im Fokus stehen individuelle Gewohnheiten, Fähigkeiten, Bedürfnisse und Wünsche.
- Feld C1: Die fachliche Einschätzung der Pflegekraft fasst die Beobachtungen und Bewertungen zu den sechs Themenfeldern der SIS zusammen. Fachwissen, Erfahrung und aktuelle Expertenstandards bilden dafür die Grundlage.
- Feld C2: Abschließend wird eine Risikomatrix erstellt, die kritische Aspekte wie Dekubitus, Sturz, Inkontinenz, Schmerzen und Ernährung systematisch bewertet. Bei erkannten Risiken folgen ergänzend spezifische Pflegeassessments zur weiteren Einschätzung.
Die 5 Grundprinzipien des Strukturmodells
Das Strukturmodell der SIS Pflege folgt fünf zentralen Prinzipien, die die Arbeit ganzheitlich, nachvollziehbar und praxisnah gestalten:
- Ganzheitlichkeit: Die SIS betrachtet den Pflegebedarf umfassend. Neben der körperlichen Verfassung fließen auch psychische, soziale und alltagspraktische Aspekte in die Einschätzung ein. Ziel ist ein vollständiges Bild der Lebenssituation der pflegebedürftigen Person.
- Individualität: Jede Pflegebedürftige und jeder Pflegebedürftige wird als individuelle Persönlichkeit mit eigenen Bedürfnissen, Vorlieben und Fähigkeiten wahrgenommen. Die Dokumentation orientiert sich an der Einzigartigkeit der jeweiligen Situation.
- Orientierung an Ressourcen und Fähigkeiten: Die SIS legt besonderen Wert auf vorhandene Stärken. Statt Defizite in den Vordergrund zu stellen, werden Ressourcen bewusst erkannt und gefördert, um die Selbstständigkeit bestmöglich zu erhalten.
- Transparenz: Die Pflegedokumentation erfolgt nachvollziehbar, klar strukturiert und für alle Beteiligten verständlich. Dies schafft eine belastbare Grundlage für Pflegeplanung, Umsetzung und Evaluation.
- Kontinuität: Die SIS ist kein einmaliger Prozess. Veränderungen im Pflegebedarf werden fortlaufend erfasst, sodass die Pflegeplanung flexibel an neue Entwicklungen angepasst werden kann.
Die 6 Themenfelder der SIS Pflegedokumentation
Die strukturierte Informationssammlung (SIS) gliedert sich in sechs Themenfelder, die gemeinsam eine umfassende Einschätzung der Lebenssituation und des Pflegebedarfs einer Person ermöglichen.
Zunächst wird die körperliche Gesundheit erfasst, darunter chronische Krankheiten, akute Beschwerden sowie Mobilitäts- und Funktionsbeeinträchtigungen. Ziel ist es, einen differenzierten Überblick über den aktuellen Gesundheitszustand zu erhalten. Im Bereich der psychischen Gesundheit und des Verhaltens werden emotionale Verfassung, kognitive Fähigkeiten, Verhaltensmuster und eventuelle psychische Erkrankungen betrachtet. Dabei stehen sowohl Auffälligkeiten als auch vorhandene Ressourcen im Fokus.
Das dritte Themenfeld widmet sich dem Leben in sozialen Beziehungen. Hier wird dokumentiert, welche familiären Beziehungen, Freundschaften und sozialen Netzwerke bestehen und in welchem Umfang soziale Teilhabe stattfindet. Auch die Wohnsituation und bestehende Unterstützungssysteme fließen in die Einschätzung ein.
Ein weiterer wichtiger Bereich ist die Biografie und Selbstversorgung. Dabei werden persönliche Lebensgewohnheiten, Vorlieben, Lebenserfahrung und biografische Hintergründe berücksichtigt. Gleichzeitig wird beurteilt, inwieweit die betreute Person alltägliche Aufgaben eigenständig bewältigen kann.
Im Themenfeld Alltagsaktivitäten und Freizeit geht es um die individuellen Fähigkeiten, Interessen und Hobbys der pflegebedürftigen Person. Ziel ist es, diese Ressourcen gezielt zu fördern und damit die Lebensqualität zu verbessern oder zu erhalten.
Abschließend werden im Bereich Umfeld und Lebenssituation äußere Faktoren wie Wohnverhältnisse, finanzielle Rahmenbedingungen, Zugang zu medizinischer Versorgung sowie andere Umwelteinflüsse betrachtet, die den Pflegebedarf beeinflussen können.
Wann muss eine SIS Pflegedokumentation geschrieben werden?
Die strukturierte Informationssammlung (SIS) wird in der Pflege zu bestimmten Zeitpunkten und bei Bedarf erstellt oder aktualisiert. Grundsätzlich erfolgt die erste Erstellung der SIS zum Einstieg, wenn eine pflegebedürftige Person neu in eine Einrichtung aufgenommen wird oder eine ambulante Versorgung beginnt.
Im weiteren Verlauf wird die SIS regelmäßig überprüft und angepasst, je nach den Vorgaben der Pflegeeinrichtung, meist im Abstand von mehreren Monaten. Auch außerhalb dieser Routineüberprüfungen kann eine Aktualisierung notwendig werden: etwa bei einer deutlichen Veränderung des Gesundheitszustands, einer neuen Diagnose oder einer veränderten Lebenssituation wie einem Umzug oder dem Wegfall eines Unterstützungsangebots.
Eine Überarbeitung der SIS empfiehlt sich zudem immer dann, wenn neue pflegerische Maßnahmen eingeführt werden oder die Wirksamkeit bestehender Interventionen bewertet werden soll.
Formulierungshilfen für eine erfolgreiche Selbsteinschätzung im Erstgespräch
Eine gelungene Selbsteinschätzung im Rahmen der SIS beginnt mit der richtigen Gesprächsführung. Damit Pflegebedürftige ihre Perspektiven umfassend teilen können, sind offene Fragen besonders wichtig. Sie regen zu ausführlichen Antworten an und ermöglichen ein tieferes Verständnis der individuellen Lebenssituation. Geschlossene Fragen hingegen, die nur mit „Ja“ oder „Nein“ beantwortet werden können, bieten deutlich weniger Raum für persönliche Einblicke.
Typische Beispiele für offene Einstiegsfragen:
- „Die letzten Monate waren sicherlich schwierig für Sie. Wie sehr fühlen Sie sich derzeit belastet?“
- „Worauf sind Sie besonders stolz, was Ihnen trotz aller Umstände gut gelingt?“
- „Gibt es bestimmte Dinge, bei denen Sie sich mehr Unterstützung wünschen?“
- „Welche Aktivitäten machen Ihnen aktuell Freude oder geben Ihnen Kraft?“
- „Wie sehen Sie selbst das Ergebnis der letzten Behandlung?“
Wichtig ist es, nach dem Stellen einer Frage bewusst abzuwarten. Pflegefachkräfte sollten der pflegebedürftigen Person Raum geben, die entsprechenden Gedanken in Ruhe ausformulieren zu können.
Häufige Fragen und Antworten
Was ist SIS in der Pflege?
Die SIS (Abkürzung für strukturierte Informationssammlung) ist ein Instrument zur individuellen Pflegeplanung und -dokumentation. Sie kombiniert die Selbsteinschätzung der Pflegebedürftigen mit der fachlichen Einschätzung der Pflegefachkraft. Ziel ist es, den Pflegebedarf ganzheitlich, ressourcenorientiert und nah an der Praxis zu erfassen.
Was gehört alles in eine SIS?
Ein vollständiger Pflegebericht umfasst neben persönlichen Daten (Name, Geburtsdatum, Adresse) auch Informationen zum aktuellen Gesundheitszustand sowie zur psychischen Verfassung und zum sozialen Umfeld. Hinzu kommen Angaben zu Biografie, Beziehungen, Fähigkeiten zur Selbstversorgung, Alltagsaktivitäten sowie potenziellen Risiken wie Sturzgefahr oder Dekubitus. Ergänzend werden Pflegeziele formuliert und konkrete Maßnahmen zur Unterstützung geplant.
Was ist der Unterschied zwischen SIS und Pflegeplanung?
Die SIS bildet die Basis für die anschließende Pflegeplanung. Während die strukturierte Informationssammlung den aktuellen Zustand, die Ressourcen und Bedürfnisse der betreuten Person systematisch erfasst, beschreibt die Pflegeplanung darauf aufbauend konkrete pflegerische Maßnahmen, Ziele und Verantwortlichkeiten. Kurz gesagt: Die SIS liefert die Informationen, die Pflegeplanung setzt sie in gezielte Handlungen um.